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| Der Heilige Antonius von Padua |
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| ERSTENS |
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| Frühe Talente |
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| Wennschon der Mensch, eh er was wird, |
| Zuweilen strauchelt oder irrt, |
| Wennschon die Heiligen vor allen |
| Mitunter in Versuchung fallen – |
| So gilt doch dies Gesetz auf Erden: |
| Wer mal so ist, muß auch so werden! – |
| Auch unser Toni zeigte früh |
| Zum Heiligen mancherlei Genie. – |
| Man rechnet meistens zu den Lasten |
| Das kirchliche Gebot der Fasten; |
| Man fastet, weil man meint, man muß. |
| Für Toni aber war’s Genuß! – |
| Bouillon und Fleisch und Leberkloß, |
| Das war ihm alles tutmämschos. |
| Dagegen jene milden Sachen, |
| Die wir aus Mehl und Zucker machen, |
| Wozu man auch wohl Milch und Zimt |
| Und gute, sanfte Butter nimmt – – |
| Ich will mal sagen: Mandeltorten, |
| Dampfnudeln, Krapfen aller Sorten, |
| Auch Waffel-, Honig-, Pfannekuchen – |
| Dies pflegt’ er eifrig aufzusuchen. |
| Den Freitag war er gern allein, |
| Um sich besonders zu kastein. |
| Der Tag war ihm besonders heilig. – |
| Früh stund er auf und schlich sich eilig |
| Zur Scheune auf die kühle Tenne, |
| Denn Piccola, die kluge Henne, |
| Legt’ hier, versteckt in frisches Heu, |
| Behutsam schon ihr Morgenei. |
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| Er trank es aus. – Hier sehen wir, |
| Daß selbst das unvernünft’ge Tier |
| Mit sonst gedankenlosen Werken |
| Den Frommen fördern muß und stärken. |
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| Ein Gärtner wohnt ganz nahebei, |
| Der, im Besitz der Fischerei, |
| Doch immer nur auf Fleisch bedacht, |
| Sich aus dem Freitag wenig macht |
| Und als ein pflichtvergessner Greis |
| Den christlichen Familienkreis |
| An diesem Tag beharrlich flieht, |
| In dunkle Ketzerkneipen zieht |
| Und da, als wär’s am Kirchweihfest, |
| Sich Wurst und Braten geben läßt. – |
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| Oh pfui! – – Doch sieh! Der Toni kam, |
| Sobald der Fischer Abschied nahm. |
| Im traulich stillen Gartenraume |
| Pflückt er die Kirsche und die Pflaume, |
| Geht dann hinab am Murmelbach |
| Und sieht des Fischers Angeln nach, |
| So daß er manchen Fisch sodann |
| Der guten Mutter bringen kann. – |
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| Gesegnet sind die Frommen! Ihnen |
| Muß jedes Ding zum Besten dienen! |
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| Doch nicht allein die Fastenzeit |
| Fand ihn stets willig und bereit. |
| Nein! Auch die vielen Feiertage |
| Trug er geduldig ohne Klage: |
| So wie die braven, guten Alten |
| Pflegt’ er die Kirchweih streng zu halten. |
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| In alle Kirchen, nah und fern, |
| Ging er zur Beichte oft und gern |
| Und gab der Beichte Zettel willig |
| An andre Knaben – aber billig. |
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| Wenn Messe war, stets war er da; |
| Wo Julchen kniete, stand er nah; |
| Denn dieses Mädchen, ob es gleich |
| Schon älter war und etwas bleich, |
| Zog doch durch andachtsvollen Sinn |
| Den frommen Knaben zu sich hin. |
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| Ihr guten Mädchen! Ach, wie schön |
| Ist dieses Beispiel anzusehn! – |
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| Zuweilen auch, bei kühler Zeit, |
| Trieb ihn der Geist zur Einsamkeit, |
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| So daß er morgens auf dem Pfühle, |
| Entfernt vom Schul- und Weltgewühle, |
| Bis in den hellen Wintertag, |
| Ein stiller Klausner, sinnend lag. – |
| Kurzum! Man sah an diesem Knaben |
| Schon früh die Keime jener Gaben, |
| Die er in gnadenvoller Zeit |
| Gepflegt zum Ruhm der Christenheit. |
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